Gemeindekonzeption

1. Theologische Leitlinien

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, son­dern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1,7)

Aus diesem Geist heraus wollen wir als Evangelische Kirchengemeinde Niederkassel den Bund leben, den Gott mit Israel geschlossen hat und in den wir durch Jesus Christus hinein genommen sind: den Bund der Liebe Gottes zu allen Menschen und seiner ganzen Schöpfung.

Wir können Gottes Liebe nur leben – erwidern und weitergeben (Matthäus 22, 37.39) –, wenn wir uns dem Geist der Liebe ganz öffnen, in ihm bleiben und aus ihm heraus authentisch leben (1. Johannes 4, 16b), so dass Gedanken, Worte und Taten eins werden (Jakobus 1, 22).

So sehen wir unser Leben und Arbeiten in der Gemeinde – im Vertrauen auf Gottes Gnade – in der untrennbaren Einheit von Empfangen und Weitergeben (Matthäus 11, 28; Matthäus 28, 19f), von Gebet und Verkündigung in Wort und helfender Tat, in Spiritualität und Engagement.

Für all das bitten wir um die Kraft des Geistes Gottes, damit wir in Offenheit und Toleranz und in aller Besonnenheit den Fragen und Problemen unserer Zeit begegnen können.

Matthäus 22, 37.39: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von gan­zem Gemüt“ und „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Erster Johannes 4, 16b: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Jakobus 1, 22: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.“

Matthäus 11, 28: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“

Matthäus 28, 19f: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe.“

2. Inhaltliche Schwerpunkte

Aus diesen theologischen Leitlinien ergeben sich für uns vier inhaltliche Schwerpunkte:

  1. Spiritualität als Grundhaltung, in der wir die Liebe Gottes empfangen und erfahren und zu der wir andere Menschen einladen wollen
  2. Zuwendung zu den Menschen als Grundhaltung, in der wir die Liebe Gottes weitergeben und ausstrahlen wollen.

Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung als zwei, auch strukturelle und ins Politische reichende Konkretionen der Liebe Gottes (Bewahrung der Schöpfung gehört auch dazu, da der Bund der Liebe nicht nur die Menschen, sondern die gesamte Schöpfung mit einschließt)


3. H
andlungsmotivationen

Aus diesen inhaltlichen Schwerpunkten leiten sich dann wiederum Motivationen ab, warum wir uns in diesen Gebieten engagieren wollen. Zum Teil scheinen es Selbstverständ-lichkeiten zu sein, aber es erscheint uns wesentlich, bei der Frage nach dem „Wohin?“ immer auch das „Warum?“ mit zu bedenken.

So ergeben sich für die inhaltlichen Schwerpunkte unserer Arbeit folgende Handlungsmotivationen:

  • Spiritualität: uns und anderen Räume zu schaffen, um christliche Spiritualität zu leben und zu erfahren.
  • Zuwendung zu den Menschen: ehrliches und offenes Miteinander, die Übersetzung der Verkündigung in diakonisches Handeln und eine Orientierung am Lebensweg der Menschen.
  • Gerechtigkeit: die Zusage der Gerechtigkeit Gottes in unserem Handeln widerzuspiegeln.
  • Bewahrung der Schöpfung: mit der uns anvertrauten Schöpfung verantwortungsvoll umzugehen.


4. Bisherige Umsetzung

Wir haben uns in vielerlei Hinsicht in diesen vier Bereichen schon engagiert. Es ist schwer, die einzelnen Aktivitäten unserer Gemeinde den vier Bereichen eindeutig zuzuordnen, da Spiritualität immer auch in gewisser Hinsicht die Hinwendung zum Menschen einschließt und die Hinwendung zum Menschen bei uns ebenso wenig sich von der Spiritualität trennen lässt. Auch Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind Aspekte, die sich in den meisten Aktivitäten – wenn auch manchmal vielleicht nur am Rande – wiederfinden.

Es lassen sich aber jenseits dieses Gedankens schwerpunktmäßig einzelne Aktivitäten den vier inhaltlichen Schwerpunkten zuordnen:

  • Spiritualität: Gottesdienste (sowohl die „normalen“ Sonntagsgottesdienste als auch Kasualgottesdienste, Kindergottesdienste, Krabbelgottesdienste …), Taizé- und Nachtgebete, Bibelkreise, ökumenische und interreligiöse Kontakte und Veranstaltungen, Chöre, Kammermusikkreis, Lektorenkreis, Partnerschaftsarbeit, Kinder- und Jugendarbeit, Freizeit- und Projektarbeit (Morgen- und Abendgebete, offene Kirchen, Weltgebetstag, Jugend-gottesdienste, Frauengottesdienste, Kinder-, Jugend- und Familienfreizeiten)
  • Zuwendung zum Nächsten: Geburtstagsbesuchsdienst, Besuchsdienst für das Altenheim, Seelsorge, Kinder- und Jugendarbeit, Familienfreizeit, Kleiderstube, Behindertenarbeit, Gesprächskreise, Seniorenarbeit, Arbeit mit Aussiedlern, Angebote für 30- bis 50-Jährige, (Familienarbeit, Pilgerweg, Taizéfahrt); Gesprächsgruppe für Familien mit kleinen Kindern, Mitglied im Hospizverein, Begrüßung von Neuzugezogenen
  • Gerechtigkeit: Einsatz fair gehandelter Produkte, Partnerschaftsarbeit, Arbeit mit Asylsuchenden (z.B. Kirchenasyl), Beteiligung bei der Stiftung Südwind und Oikocredit, Unterstützung des Mutterhauses der Bibelfrauen, Erhöhung der Anteile bei Oikocredit
  • Bewahrung der Schöpfung: Paradiesprojekt, Verwendung von Recyclingpapier, elektronische Informationsverteilung im Presbyterium, gemeinsame Planung von Großeinkäufen (um Sprit zu sparen)

5. Weitere Handlungsziele

Darüber hinaus finden wir es wünschenswert, auf verschiedene Ziele in diesen vier Inhaltsschwerpunkten hinzuarbeiten.

Sie unterteilen sich in Gruppen je nach voraussichtlicher Umsetzbarkeit. Nach einem Jahr soll überprüft werden, welche der kurzfristigen Ziele umgesetzt werden konnten und welche nicht – und wenn nicht, warum. Ebenso soll nach drei bzw. fünf Jahren mit den mittelfristigen und langfristigen Zielen verfahren werden.

Die Zuständigkeit bzw. Beauftragung wird durch folgende Kürzel gekennzeichnet:

Prsb.  =  Presbyterium
Pfr.    =  Pfarrerin und Pfarrer
Jgd.   =  Jugendleiterinnen
Part.  =  Partnerschaftskreis
K.      =  Küsterinnen
G = Gemeindebüro
A.  =  Alle

5.A. Kurzfristig umsetzbare Ziele

  • Spiritualität:
    – Einbeziehung vorhandener Gruppen in die Gottesdienstgestaltung [Pfr.]
    – Vater-Unser-Projekt, Perlen des Glaubens-Projekt [Pfr.]
    – Ökumenische Kombi-Gottesdienste [Pfr.]
  • Zuwendung zum Nächsten:
    – Angebote für 30- bis 50-Jährige einrichten [Pfr.]
    – Verbesserung interner und externer Kommunikation [A.]
    – Partnerschaft ausbauen, Briefkontakte z.B. mit Jugendlichen fördern. [Part. / Jgd.]
  • Gerechtigkeit:
    möglichst konkrete Umsetzung
    fair gehandelte Produkte einsetzen [A.]
    – im täglichen Handeln „Weltverantwortung“ zeigen, d.h. sich äußern zu Not und Ungerechtigkeit [A.]
    Umsetzung des Konzepts, um den Aspekt „Gerechtigkeit“ strukturell in unsere Entscheidungen einfließen zu lassen (d.h. z.B. konkret fair gehandelte, ökologisch und ortsnah produzierte Produkte verwenden oder mit Firmen zusammenarbeiten, die sozial verträglich handeln.)  [Prsb.]
    – Partnerschaft vertiefen und ggf. mit anderen Partnerschaften kooperieren [Part.]
    – Umsetzung des Konzepts, den Aspekt „Gerechtigkeit “ strukturell in unsere Entscheidungen einfließen lassen [Prsb.]
    – Verbesserung interner und externer Kommunikation [A.]
    – Erhöhung der Anteile bei Oikocredit
  • Bewahrung der Schöpfung:
    möglichst konkrete Umsetzung
    – Einsatz von Nahrungsmitteln überdenken [A.]
    – sparsamer Materialverbrauch (z.B. Papierflut minimieren) [A.]
    – sorgsamer Umgang mit Geräten und Material [A]
    – ortsnah und wenn möglich biologisch bzw. ökologisch produzierte & „Fair gehandelte“ Waren kaufen [K. / A.]
    – Einkauf von Lebensmitteln so planen, dass keine Reste bleiben [K. / A.]

5.B. Mittelfristig umsetzbare Ziele

  • Spritualität:
    – Erweiterung spiritueller Angebote (z.B. Fastengruppe, Exerzitien …) [Pfr.]
    – Erweiterung und Intensivierung des ökumenischen und interreligiösen Dialogs
  • Zuwendung zum Nächsten:
    – Besuchsdienst für Trauernde in konfessionsverbindenden Ehen [Pfr.]
    – Arbeit mit Neuzugezogenen (Begrüßungsgottesdienste)
  • Gerechtigkeit:
    – Kirchenasyl (Prsb)
  • Bewahrung der Schöpfung:
    Umweltmanagement (Beteiligung am Projekt der EkvW „ Grüne Hahn“)
    – Erdwärme
    – Entwicklung und Umsetzung eines Konzepts, dabei den Aspekt „Gerechtigkeit“ strukturell in unsere Entscheidungen einfließen zu lassen (z.B. fair gehandelte,  ökologisch und ortsnah produzierte Produkte verwenden Einkäufe von Materialien ortsnah tätigen, Aufträge vergeben an ortsnahe Firmen die sozial verträglich handeln)

5.C. Langfristig umsetzbare Ziele

  • Spiritualität:
    – evtl. Meditationsraum / Krypta [Prsb.]
  • Zuwendung zum Nächsten:
    – Umbau der Diakoniestation in Sozialstation
    – Beratung und soziale Anlaufstelle (Kooperationen)
    – konfessionsübergreifende Aushänge bei Sterbefällen
  • Gerechtigkeit:
  • Bewahrung der Schöpfung:


6. Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt

„Zuwendung zum Nächsten“ und „Gerechtigkeit“ stellen auch die konkreten Hintergrundfolien unseres Schutzkonzeptes gegen sexualisierte Gewalt dar.

In unserer Kirchengemeinde und ihren Einrichtungen orientiert sich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ebenso wie mit allen anderen Menschen an folgenden Leitgedanken:

Unser Handeln orientiert sich am Evangelium von Jesus Christus

  • Jeder Mensch hat als Geschöpf seine besondere Würde und seine unveräußerlichen Rechte.
  • Junge Menschen begegnen in unseren Einrichtungen und Angeboten dem Evangelium von Jesus Christus, der selbst Kinder in den Mittelpunkt seines Handelns stellte. Sie lernen bei uns Spuren von Gottes Menschenfreundlichkeit kennen. Sie sollen ohne Furcht den „Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Tim 1,7) erleben können.
  • Daher haben in unseren Angeboten und Einrichtungen alle Menschen das Recht darauf, in Sicherheit zu leben und können darauf vertrauen, dass jemand für sie sorgt.

Wir handeln stets schützend

  • Menschen werden in unseren Angeboten und Einrichtungen vor körperlicher, emotionaler, psychischer und geistiger Gewaltanwendung geschützt. Das schließt den Schutz vor Suchtgefährdung, Cyberkriminalität, Verwahrlosung oder Vernachlässigung, schlechter Behandlung, Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ein.
  • Wir handeln umgehend, wenn uns jemand gefährdet erscheint.

 Wir stärken junge Menschen

  • In unseren Angeboten und Einrichtungen werden junge Menschen gefördert und ihre Grenzen respektiert. Sie werden darin gestärkt, auch in schwierigen Situationen selbstbewusst zu handeln.
  • In unseren Angeboten und Einrichtungen haben junge Menschen das Recht darauf, die Fähigkeiten und das Wissen zu erwerben, das sie brauchen, um sich zu entwickeln und selbstständig zu werden.
  • In unseren Angeboten und Einrichtungen werden die Sorgen, Nöte und Anliegen junger Menschen ernst genommen; sie werden ermutigt und beteiligt.
  • Wir setzen uns für die Würde und Rechte von jungen Menschen in unserer Gesellschaft ein.

Wir arbeiten präventiv, intervenierend und transparent

Wir arbeiten mit einem Schutzkonzept, das dazu dient, gewaltpräventiv zu handeln und Missbrauch jeglicher Form keinen Raum zu geben.

  • Mit einem Interventionsplan können wir sexuellem Missbrauch mit einem konsequenten Vorgehen begegnen. Wir beachten und schützen dabei die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen und Verdächtigen.
  • Wir handeln transparent und nachvollziehbar. Wir können unsere Schritte fachlich begründen und ziehen in notwendigen Fällen andere Institutionen und/oder Fachkräfte beratend hinzu.
  • Alle unsere ehren-, haupt- und nebenberuflich tätigen Mitarbeiter*innen nutzen das Angebot der Fort- und Weiterbildung, um unsere Qualitätsstandards sicherzustellen und in einer Kultur der Achtsamkeit die Rechte und Grenzen aller zu wahren.

Wir überprüfen unsere Verfahrensabläufe kontinuierlich, nehmen Beschwerden auf und gehen mit Fehlern offen um. So wollen wir nach allen menschlichen Ermessensspielräumen unser Handeln stetig weiterentwickeln.

 

7. Schlussbemerkung

Diese Konzeption versteht sich selbst nicht als statisch und vollständig, sondern als dynamisch und fragmentarisch. Das bedeutet, dass sie auch in ihrer Umsetzung nicht als zwanghafter Imperativ, sondern als befreiender Impuls zu verstehen ist.

In diesem Sinn soll sie schließen mit dem Wort aus 2. Korinther 3, 17:

„Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“

Geschichte unserer Gemeinde

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